
Wie es ist alles zu fühlen
Jeder von uns hat bestimmte Gaben oder auch Stärken mit auf den Weg bekommen.
Das kann Musikalität, Schreiben oder wie bei mir, das Fühlen sein.
Ich fühle einfach alles. Die Energie von Pflanzen/Bäumen, die Schwingung der Erde und die Gefühle meiner Mitmenschen.
Als ich diese Gabe bewusst wahr genommen habe, war es eher ein Fluch als ein Segen.
Immer wenn ich einen Raum betreten oder in einer Menschenmasse war, haben mich all die Emotionen und Energien förmlich erschlagen.
Wenn ich mit anderen Menschen zusammen bin, dann ist es wie ein leises Flüstern, als ob mir jemand ganz leise ins Ohr sagt, was er/sie empfindet.
Je mehr Menschen um mich sind, desto intensiver wird es.
Bei einem Festival, Konzert oder in einer großen Menschenmasse ist es als ob alle auf mich zukommen würden und sie anfangen zu schreien.
Das kann ganz schön nervenaufreibend sein 😉
Am Anfang konnte ich damit überhaupt nicht umgehen, das hat so weit geführt das mir einfach alles zu viel war und ich mein Herz verschlossen habe, ich bin förmlich vor der Welt davon gelaufen.
Mittlerweile kann ich damit besser umgehen.
Ich habe Menschen kennengelernt, denen es ähnlich geht wie mir. Durch sie habe ich verschiedene Techniken gelernt, mich vor den Energien und Emotionen anderer zu schützen.
Jetzt bestimme ich meistens wie viel ich von anderen Menschen fühlen will und was nicht.
Bei der jetzigen Situation ist es aber fast unmöglich nichts zu fühlen.
Ich bin an einem Punkt angekommen, wo es mich förmlich zerreißt und es einfach zu viel ist, das folgende Erlebnis war für mich der ausschlaggebende Punkt:

Nach dem Einkaufen habe ich mich auf eine Bordsteinkante in den Schatten von einem Schuhgeschäft gesetzt.
Der Parkplatz war voller Autos und Menschen, während ich auf den Bus gewartet habe, kam ein 12-jähriger Junge mit einem Durchsichten Plastikbox auf mich zu.
Er hat mich selbstsicher angesteuert, wo sollte er auch sonst hin, ich war die einzige Person auf seinem Weg.
In seiner Box waren selbst gebackene Teigtaschen.
,, Ich verkaufe selbst gebackene Kuchen, die sind super lecker, wollen sie welche?’’
Nachdem ich ihm erklärt habe, das ich kein Gluten & Zucker essen kann, hat er mir den Grund gesagt, warum er die süßen Teile verkauft.
Seine Mom hat ihren Job durch Corona verloren und kann sich die Schulbücher nicht mehr leisten.
Der Junge hat den Kuchen verkauft, damit er sie selber kaufen und wieder zur Schule gehen kann.
Für mich war klar ihn zu unterstützen, mir ist aber auch bewusst geworden, dass das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist.
Vor den Gefühlen die bei diesen Gedanken nach oben kommen, kann mich kein Training oder Technik beschützen.
Dieser Junge kann nicht zur Schule gehen, weil die Schulbücher zu teuer sind und er muss das Geld dafür selber auftreiben.
Leider ist das hier in Grenada, noch anderswo auf der Welt, ein Einzelfall.
Und das zerreißt mir das Herz.
Den ich weiß das meine Spende weder seine, noch das Leben all der anderen betroffenen Kinder verbessert.
Am liebsten würde ich jetzt mein Superheldenkostüm anziehen und alle Retten, aber in das Drama Dreieck einzutreten bringt keinem was.
Auch wenn ich meine Gabe mittlerweile als Geschenk sehe, habe ich noch viel zu lernen und zu entdecken.
Es ist nicht immer einfach so viel zu fühlen.
Ich darf gerade lernen, das ich diese Emotionen durch mich hindurch fließen lassen darf und sie nicht als meine annehmen muss.
Diese Geschichte teile ich nicht mit Dir, damit Du weißt was ich alles kann. Ich will Dich auf die Geschichte eines anderen aufmerksam machen.
Niemand kann alleine etwas verändern, aber wir sind ja auch nicht alleine 😉
In Liebe
Melanie